Nelly Felenda – Heilpraktikerin für Klassische Homöopathie


Kapitel 9: Über mich | 9.1: Mein Weg zur Homöopathie

Über mich

Mein Weg zur Homöopathie

Mit 17 Jahren bekam ich von meiner Mutter Samuel Hahnemanns „Organon der Heilkunst“ geschenkt, sozusagen die „Bibel der Homöopathie“. Hahnemann hat in diesem Buch sein Lebenswerk und seine Lehre kompakt zusammengefasst. Seine Gedanken und Beschreibungen fand ich sehr einleuchtend und wunderte mich, wieso die Homöopathie nicht immer entsprechend seiner Angaben ausgeübt wird. Später lernte ich den Unterschied zwischen „Homöopathie“ und „Klassischer Homöopathie“ kennen.

Indische Familie

Dann schlummerte die Beschäftigung mit der Homöopathie bis nach meinem Abitur. Zu dieser Zeit fuhren wir sieben Monate lang mit zwei Bussen und zwei Motorrädern auf dem Landweg nach Indien. Wir waren schulmedizinisch halbwegs gut ausgerüstet, doch das Wichtigste war meine homöopathische Reiseapotheke (damals noch in D-Potenzen) und der dazugehörige GU-Ratgeber. So war ich auf einmal als „Heilerin“ für den Gesundheitszustand meiner Mitreisenden verantwortlich. Verschiedenste grippale Infekte waren ein Leichtes, die meisten Durchfälle ließen sich auch gut in den Griff bekommen. Mehr Herzklopfen hatte ich, als eine Freundin eine eitrige Mandelentzündung bekam. Sie wendete sich voller Vertrauen an mich und mir schossen die Warnungen der Schulmediziner durch den Kopf, eine Angina sofort mit Antibiotikum zu behandeln, weil sonst das Herz schaden nehmen würde. Zum Glück hatte meine Freundin das typischste aller Mercur-Symptome: süßlichmetallischen Geschmack im Mund, sodass die Mittelfindung simpel war. Sie war in wenigen Tagen auskuriert und mein Vertrauen in die Homöopathie wuchs.

Wüste

Mein Schlüsselerlebnis hatte ich als ein Freund in der iranischen Wüste einen heftigen Motorradsturz hatte und benommen und langsam zu den Bussen gefahren kam. Wir halfen ihm ins Bett und schlugen in unseren medizinischen Ratgebern nach. Wir stellten fest, dass die Pupillen ungleich groß waren, sagten ihm das jedoch nicht, um ihn nicht zu beunruhigen. Die Lage war ernst, das wussten wir. Zusätzlich war unser Visum knapp bemessen und das nächste Krankenhaus hunderte von Kilometern entfernt. Mit einem sehr mulmigen Gefühl gab ich Arnica und Hypericum, immer im Wechsel und schon am Abend waren die Pupillen wieder gleich groß und sein Allgemeinbefinden besser. So verordneten wir ihm Bettruhe hinten im Wohnmobil und fuhren weiter. Zwei Wochen später war er wieder wohlauf. Ich war mir nun sicher, dass ich Homöopathin werden wollte und beschäftigte mich fortan in meiner Freizeit mit der Homöopathie. Um ein gutes schulmedizinisches Fundament zu haben, beschloss ich, zuerst die Ausbildung zur Krankenschwester zu machen.
Viel später, während meiner Krankenschwesternausbildung lernte ich, dass ungleich große Pupillen nach einem Sturz auf eine Hirnblutung deuten. Da wurde mir die Tragweite dieses homöopathischen Erfolges  bewusst. Die Homöopathie ist nicht nur eine sanfte Heilmethode, sie ist auch bei akuten Krankheiten eine sehr schnell wirkende medizinische Maßnahme. Mittlerweile gibt es sogar schon Notärzte, die homöopathisch arbeiten.

Ibrahim

Nach dem Examen der Krankenpflege arbeitete ich weiter im Krankenhaus, fand es allerdings unendlich traurig, Patienten mit eindeutigen homöopathischen Symptomen nicht behandeln zu dürfen. Also studierte ich Medizinbücher, um die Zulassung zur Heilpraktikerin zu erlangen. Beduinen Es zog mich jedoch wieder in die Welt hinaus, also nahm ich meine Bücher und lebte ein Jahr lang im Sinai am Golf von Aqaba. Auf einer Tauchbasis war ich als Krankenschwester angestellt, behandelte jedoch, wo immer es gewünscht war, homöopathisch. Über das Internet hatte ich auch dort die Möglichkeit, Kurse in Homöopathie zu absolvieren. Eines Tages kamen sogar die Beduinen auf mich zu und ich hatte plötzlich eine Menge arabischer Patienten. Erstaunt stellte ich fest, dass bei ihnen die Anweisungen Hahnemanns viel einfacher zu befolgen waren.

In unserem Kulturkreis haben die Individualisierung und die Psychologie das Feld der Homöopathie wesentlich erweitert. Es besteht ein anderer Anspruch an die Gesundheit, oft schwingt ein gewisser Wunsch nach Erkennen, Lernen, Erleuchtung oder Ähnlichem mit. Die Krankheit auch als Ausdruck seelischer Spannungen im Familiengefüge hat bei uns viel mehr Gewicht. Blick aufs Meer Das heißt, dass Krankheiten oft eine Rolle in der Familiendynamik besetzen. Somit kann diese Rolle, also die Krankheit nur aufgegeben werden, wenn sich etwas in der Familie ändert. Damit hat der Homöopath unter Umständen eine therapeutische Funktion für die ganze Familie. Hahnemann schrieb zwar schon, dass der homöopathische Arzt für eine gesunde Umgebung des Genesenden zu sorgen hat, also auch Unstimmigkeiten in der Familie geklärt werden müssen. Ich denke, dass dieser Aspekt bei uns einen immer größeren und komplizierteren Rahmen beansprucht. Zu Hahnemanns Zeit und auch heute noch bei den Beduinen haben die Menschen sich schneller gesund und zufrieden gefühlt. Bei uns sucht der Einzelne mehr Liebe und Anerkennung, möchte  ganz angenommen werden. Die Homöopathie wächst mit diesem Anspruch und kann einen großen Teil der Selbsterfahrung in Gang setzen und Selbstentfaltung geschehen lassen.

White Canyon

Am meisten freut mich in der Homöopathie, dass der ganze Mensch, so wie er ist, im Mittelpunkt steht und anerkannt wird. Es gibt kein theoretisches Gebäude, wie man zu sein hat, was schlecht ist und was gut. Die Beschreibung des momentanen Zustandes ist das Wichtigste. Natürlich kann dieser Zustand unangenehm sein. Aber darum geht man ja zum Homöopathen. So betrachte ich die Homöopathie in chronischen Krankheiten als einen Weg, den ich mit dem Patienten zusammen gehe. Mal stehen mehr die körperlichen Beschwerden im Vordergrund, mal die seelischen. Doch immer geht es darum, dem Ziel ein Stück näher zu kommen: Ein zufriedenes Leben, körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden, mit dem Bewusstsein der eigenen Möglichkeiten, Bedürfnisse und Liebe zu sich selbst und seinen Mitmenschen.

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